GROßES VOR-SOMMER-FINALE IM NATIONALRAT

Der Nationalrat geht in sein Saisonfinale. Dieses ist diesmal insofern von besonderer Bedeutung, als die Sitzungen von Mittwoch bis Freitag die vorletzte reguläre Möglichkeit sind, Gesetze vor der Nationalratswahl zu beschließen. Dementsprechend bunt ist dann auch der Themenmix der rund 60 Materien, die zur Abstimmung vorliegen. Von einem Gemeinden-Hilfspaket über einen besseren Kostenersatz für Verteidiger bis zu einem Tierschutzgesetz reichen die Tagesordnungen.

Im Vorfeld für die meiste Aufregung hatte freilich eine Gesetzesänderung gesorgt, die vorerst gar nicht zustande kommen wird. Zwar passierten die neuen Regeln zur Auswertung von Datenträgern wie Mobiltelefonen noch den Justizausschuss, doch dann ruderte Ressortchefin Alma Zadic (Grüne) nach Kritik aus der Justiz zurück, verlängerte die Begutachtung und verhinderte damit, dass die wichtige Materie noch vor dem Sommer beschlossen wird. Die letzte Chance ohne Sondersitzung wäre damit im September-Plenum.

Eine andere nicht unwesentliche Änderung im Justizbereich dürfte hingegen tatsächlich zur Abstimmung kommen: Der Kostenersatz für Strafverteidiger nach Freisprüchen wird deutlich nach oben geschraubt, teils sogar verzehnfacht. Erstmals gibt es auch Ersatz nach Einstellung von Strafverfahren. Reformiert werden die Verbandsklagen. Verbraucherschutzeinrichtungen, etwa Kammern, können dadurch im kollektiven Interesse von mindestens 50 Konsumentinnen bzw. Konsumenten Unternehmen auf Schadenersatz klagen. Eine Cooling-off-Phase von drei Jahren wird es für Politiker geben, bevor sie Verfassungsrichter werden können.

Etwas durchatmen können die Gemeinden, um einen Investitionsstopp zu verhindern. Insgesamt 920 Millionen schwer ist das Paket für die Kommunen. Ein großer Teil geht für ein kommunales Investitionsprogramm mit Fokus Klimaschutz drauf. Das Schulpaket bringt eine Digitalisierungsoffensive unter anderem mit digitalen Zeugnissen. Zudem geplant ist die Reform der vorwissenschaftlichen Arbeit bei der AHS-Matura, die zur abschließenden Arbeit wird. Damit wird sie auch Produkt eines forschenden, gestalterischen oder künstlerischen Prozesses sein können.

Aufgelöst wird die umstrittene Corona-Hilfen-Abwicklungsagentur. Die Cofag soll mit Ende Juli als Gesellschaft abgewickelt werden. Erneuert wird dagegen die Rechtsberatung für Asylwerber, die vom VfGH gekippt worden war. In der Bundesbetreuungsagentur wird ein eigener Geschäftsbereich Rechtsberatung eingerichtet. Zudem enthält der Gesetzesantrag besondere Regelungen zum Kündigungs- und Entlassungsschutz von Rechtsberatern,

Von Tierschützern lange erwartet ist eine Novelle, die Qualzuchten bei Heimtieren verbietet. Überdies wird ab 1. Juli 2026 ein verpflichtender Sachkundenachweis für die Haltung von Hunden, Amphibien, Reptilien und Papageienvögeln verankert, der durch die Absolvierung eines Kurses im Ausmaß von mindestens vier Unterrichtseinheiten nachzuweisen ist.

Aus dem Gesundheitsbereich kommt die Implementierung des elektronischen Impfpasses. Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegekräfte sollen Kompetenzen wie andere gehobene Gesundheitsberufe erhalten. Es geht dabei u.a. um die Berufsgruppen Physiotherapie, Diätologie, Ergotherapie, Logopädie und Radiologietechnologie.

Beschlossen werden soll weiters eine Podcast-Förderung, die jährlich mit einer halben Million dotiert ist. Ferner vorgesehen ist, die jährlichen Fördermittel für private TV-Sender und Privatradios beginnend mit heurigem Jahr um fünf Millionen auf 25 Mio. Euro zu erhöhen.

Finalisiert werden schließlich die zwei Untersuchungsausschüsse dieses Jahres, indem die Abschlussberichte zur Cofag bzw. zu vermeintlichen roten und blauen Skandalen behandelt werden. Bei den Volksbegehren, die sich auf der Tagesordnung finden, geht es einmal mehr in erster Linie um Corona-Maßnahmen. Noch offen ist, ob das Grün-Gas-Gesetz die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erhält. Im Ausschuss war dies noch nicht der Fall.

Quasi das Rahmenprogramm bilden eine "Aktuelle Stunde" der Grünen am Mittwoch, für die noch kein Thema vorliegt, sowie am Donnerstag und Freitag "Fragestunden" an Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) bzw. an Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Sollte trotz des opulenten Programms noch Interesse an einer "Dringlichen Anfrage" bestehen, wären seitens der Opposition zunächst Freiheitliche und NEOS am Zug.

2024-06-30T03:59:57Z dg43tfdfdgfd