GIPFEL OHNE VIEL HOFFNUNG: GROßE UKRAINE-KONFERENZ HAT BEGONNEN

Konferenz in der Schweiz soll ein „erster Schritt im Friedensprozess“ sein. Ukraines Präsident Selenskyj sieht Druck auf Moskau steigen.

Luzern – Direkt anschließend an den G7-Gipfel im süditalienischen Apulien beraten seit Samstag Vertreter von 92 Staaten in der Schweiz über erste Schritte eines Friedensprozesses in der Ukraine. 57 Länder, darunter auch Österreich, sind auf Ebene der Staats- und Regierungschefs vertreten. Russlands Präsident Wladimir Putin wurde nicht eingeladen. Auch Moskaus wichtigster Verbündeter China hat keine Vertreter geschickt. Indien und Brasilien sind nicht einmal auf Ministerebene vertreten.

Mit dabei ist Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Die Konferenz könne einen „ersten Schritt“ in einem Friedensprozess darstellen, sagte er am Samstag. „Das Sterben muss ein Ende nehmen. Wir müssen wieder einen Weg für den Frieden zeichnen“, so der Kanzler. Ein wesentlicher Punkt der Beratungen sei auch die weltweite Ernährungssicherheit. Sie dürfe in keiner Weise zur Waffe werden. Im Luxushotel auf dem Bürgenstock hoch über dem Vierwaldstättersee in der Zentralschweiz bei Luzern will Nehammer auch bilaterale Gespräche mit mehreren Staats- und Regierungschefs führen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht durch die Friedenskonferenz den Druck auf Moskau steigen. Das zweitägige Treffen von 92 Staaten und acht internationalen Organisationen bringe die Idee zurück, dass gemeinsame Anstrengungen einen Krieg stoppen und Vertrauen und Frieden etablieren könnten, sagte Selenskyj am Samstag kurz vor Beginn der Beratungen der Delegationen. „Wir haben es geschafft, der Diplomatie eine Chance zu geben.“

Bescheidene Ziele

Die Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd dämpfte freilich die Erwartungen. „Unsere Ziele sind bescheidene.“ Es gehe darum, einen Prozess für einen dauerhaften und gerechten Frieden zu inspirieren. Zentral sei dabei die Bedeutung des Völkerrechts als Grundlage der internationalen Ordnung. „Russlands Angriff verletzt diese aufs Schwerste“, sagte Amherd weiter.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris kündigte bei ihrer Ankunft ein über 1,5 Milliarden schweres Hilfspaket zur Unterstützung des ukrainischen Energiesektors an. Das Geld solle helfen, die im Krieg zerstörte Energieinfrastruktur wieder aufzubauen. Zusätzlich sollen mehr als 379 Millionen Dollar für humanitäre Hilfe in die Ukraine fließen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz reiste direkt vom G7-Gipfel an, auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kam in die Schweiz.

Das Treffen in der Schweiz ist zwar das erste derart hochrangig besetzte internationale Treffen zum Thema Frieden in der Ukraine, aber es geht nicht um Friedensverhandlungen. Russland ist nicht eingeladen. Die Delegationen sprechen über den Getreideexport aus der Ukraine, die Sicherheit des von Russland besetzten Atomkraftwerks Saporischschja, das klare Nein zum Einsatz von Atomwaffen und über humanitäre Fragen wie den Gefangenenaustausch. Auch wenn es nur begrenzte Hoffnung auf konkrete Ergebnisse gibt, gilt der Gipfel als wichtiges Zeichen der internationalen Solidarität mit der Ukraine. Die Schweizer Ausrichter des Treffens hoffen, dass eine weiterführende Konferenz noch in diesem Jahr beschlossen wird – und dann auch Russland mit dabei sein wird.

Putins Forderungen

Russlands Präsident Wladimir Putin forderte unmittelbar vor dem Gipfel als Bedingung für ein Ende der Kampfhandlungen von der Ukraine den vollständigen Verzicht auf die Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson, Saporischschja und die Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Das ukrainische Außenministerium wies das als absurd und manipulativ zurück. (TT, APA, dpa, Reuters)

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