OGH UND WKSTA ERHEBEN EINWäNDE GEGEN HANDY-SICHERSTELLUNG

Der Oberste Gerichtshof (OGH) mengt sich in die Reihen der Kritiker, die in den vergangenen Tagen Einwände gegen den Entwurf zur Änderung der Strafprozessordnung (StPO) angemeldet haben, der eine Neuregelung der Sicherstellung von Datenträgern wie Handys betrifft. So widerspreche etwa der Ausschluss der Staatsanwaltschaft von der Aufbereitung der sichergestellten Daten ihrer festgeschriebenen Leitungsfunktion als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“. Ihr würden damit Zugriffs-, Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten entzogen.

Darüber hinaus stehe sie in einem Spannungsverhältnis zu anderen Bestimmungen der StPO, der der Staatsanwaltschaft auch das Recht einräumt, sich an allen Ermittlungen der Kriminalpolizei zu beteiligen bzw. selbst Ermittlungen durchzuführen, heißt es in der OGH-Stellungnahme zum Gesetzesentwurf. Im Gesetzesentwurf ist vorgesehen, dass die Datensicherung sowie die Verwahrung der Datenträger künftig nur durch noch zu schaffende eigene Organisationseinheiten der Kriminalpolizei erfolgen soll. Gleiches gilt auch für die Aufbereitung der Daten - nur bei clamorosen Fällen (also bei besonderem öffentlichen Interesse) ist das anders, dann muss das Gericht die Daten aufbereiten. Außerdem kann die Staatsanwaltschaft eine solche gerichtliche Aufbereitung beantragen, um eine Verletzung des Beschleunigungsgebots zu vermeiden oder weil das besondere Fachwissen eines Sachverständigen nötig ist.

Unter anderem regt der OGH an, diese Möglichkeit nicht nur auf diese Fälle zu beschränken. Diese sollte auch etwa bei Uneinigkeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft oder aus anderen Gründen möglich sein.

Verkürzung der Höchstdauer „diskussionswürdig“

Auch in anderen Punkten sehen die Höchstrichter Diskussionsbedarf. So begrüßt man etwa, dass künftig bei der Höchstdauer eines Ermittlungsverfahrens nicht mehr die Staatsanwaltschaft amtswegig vorgehen soll, sondern eine Prüfung im Rahmen des Antrags eines Beschuldigten stattfinden muss. Allerdings hält man die geplante Verkürzung der Höchstdauer von drei auf zwei Jahre für „diskussionswürdig“. Einerseits sei ohnehin schon geplant, den Beginn des Ermittlungsverfahrens vorzuverlegen. Außerdem sei die Zahl der Ermittlungsverfahren, die zwischen zwei und drei Jahren anhängig sind, ohnehin gering. Auch bei der geplanten Möglichkeit für Beschuldigte, zur Beschleunigung die Trennung von Verfahren zu beantragen, sieht der OGH den praktischen Wert der Regelung als „überschaubar“ an. Die Staatsanwaltschaft müsse ohnehin darüber im Rahmen eines pflichtgebundenden Ermessens entscheiden - hat der Beschuldigte dagegen Bedenken, könne er dagegen zwar Einspruch erheben, was aber per se wiederum zu Verzögerungen führen würde.

Ähnlich wie zuletzt die Staatsanwaltschafts-Vereinigung und teilweise auch der OGH argumentiert die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in ihrer Stellungnahme.„ Eine technisch und personell angemessen ausgestattete kompetente Organisationseinheit der Kriminalpolizei für die forensische Aufbereitung von Datenträgern und Daten ist zweifellos zu begrüßen. Nicht zu akzeptieren ist jedoch, dass die Aufbereitung der Datenträger und Daten ausschließlich von dieser Organisationseinheit erfolgen darf.“ Die geplante Regelung laufe darauf hinaus, dass „die Entscheidung, welche Daten Eingang in das Ergebnis der Datenaufbereitung finden werden bzw. können, von der Kriminalpolizei allein getroffen wird“. Damit könne die Staatsanwaltschaft ihre Leitungsbefugnis gegenüber der Kriminalpolizei nicht mehr wirkungsvoll ausüben, „obwohl sie nach außen hin - sei es für die Verfahrensdauer, sei es für “Ermittlungspannen' - verantwortlich ist bzw als verantwortlich angesehen wird.„

WKStA fürchtet „personellen Mehrbedarf“

Die WKStA befürchtet außerdem, dass die bei der Polizei vorgesehene Trennung der Organisationseinheiten von Forensikern und Ermittlern ein „großer personeller Mehrbedarf“ im Innenministerium entsteht. Bei Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen müssten wohl beide Einheiten beigezogen werden - die eine zur Datensicherung, die andere zur Durchsetzung der Zwangsmaßnahme und zu weiteren Ermittlungen. Schon jetzt aber mangle es bei Hausdurchsuchungen an mehreren Stellen an IT-Experten der Polizei.

Die Korruptionsermittler monieren außerdem, dass im Entwurf nicht zwischen den einzelnen Daten und Datenträgern unterschieden wird. „Nach der Definition des Entwurfs sollen hinkünftig alle Arten von Datenträgern, auch solche, die nur Geschäftsdaten, Buchhaltungen oder maschinell erzeugte Daten von technischen Einrichtungen (zB eines Kraftwerks) enthalten, aber keinen Eingriff in das Privat- und Familienleben bedeuten, unter das neue Regime fallen.“ Damit schieße man über die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) hinaus.

Der Gesetzesentwurf hätte ursprünglich nächste Woche beschlossen werden sollen. Nach Kritik aus der Justiz verlängerte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) aber die Begutachtungsfrist und kündigte Änderungen an. (APA/Red.)

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