ISRAEL SCHLUG ZURüCK: DREHT SICH JETZT DIE SPIRALE DER GEWALT?

In den frühen Morgenstunden kam am Freitag der israelische Gegenschlag. Israels Antwort auf die 350 iranischen Drohnen und Raketen vom Sonntag lässt sich an einer Hand abzählen: Um die fünf Flugkörper, offensichtlich Drohnen, schlugen zielgenau auf dem Militärflughafen bei Isfahan ein. 1500 Kilometer von Israel entfernt. 

Offiziell bleibt Israel hinter einer Nebelwand und übernimmt keine Verantwortung. Inoffiziell aber häufen sich Reaktionen aus Israel in den Medien. Die für ihr schwer zu zügelndes Temperament bekannte Abgeordnete Tally Gotliv brachte es trotz Nebels auf den Punkt: „Ich weiß nicht, wer geschossen hat, aber ich bin stolz drauf.“ 

Auch Itamar Ben Gvir, einer der extremistischen Minister im Netanjahu-Kabinett, reagierte auf Instagram. Mit einem Lehnwort aus dem Fußball-Slang: „Höscherl!“ Soll heißen: Wir waren es - doch war es nur ein harmloser Kick. Eine Einschätzung, die passt. Israel hat wie angekündigt zurückgeschlagen und ein klares Signal gesetzt: Wir können überall zuschlagen, auch im hinteren Teil des Iran. Der Schaden aber hält sich in Grenzen.

Es war nicht Israels erster Drohnenangriff auf iranische Ziele. Bereits 2023 kam es zu Drohnenangriffen auf eine Munitionsfabrik bei Isfahan und eine Ölraffinerie bei Täbris. Iran versucht, sich hinter seinen Stellvertreter-Kriegern zu verbergen - verbündete Milizen in fast allen Nahost-Staaten, die Israel immer wieder angreifen.

 Der Angriff vom Freitag zeigt einmal deutlich: Wir können den Iran auch direkt aus der Luft angreifen. Nicht zu vergessen: Israel hat auch U-Boote.

 Diesmal waren die USA im Voraus informiert - ohne dass Washington den Angriff bestätigen oder ablehnen musste. Ein israelischer Alleingang. Was auch die mit den USA und Israel verbündeten arabischen Anrainerstaaten außen vor ließ. Vergangene Woche noch hatte Jordanien die Unverletzlichkeit seines Luftraums angemahnt. Kurz vor dem Angriff gestern bekräftigte König Abdallah II. das regionale Bündnis.

Inoffiziell bestätigten auch andere Nachbarstaaten, dass das neue regionale Verteidigungsbündnis Bestand hat: Wie letzten Sonntag werden auch zukünftige Angriffe aus dem Iran gemeinsam von der regionalen Koalition abgewehrt. 

Zusätzlich sind es Golfstaaten mit funktionierenden Beziehungen zum Iran, die jetzt beschwichtigend vermitteln. Es wird auch wieder über eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen mit Saudi-Arabien nachgedacht.

"Die Vögel zwitschern"

Die iranischen Medien spielten den Angriff herunter: Der Schaden sei überschaubar. Im Fernsehen waren einige dünne Rauchsäulen zu sehen. Eine Reporterin, die als Erste am Morgen vor Ort war: „Der Flughafen hat den Betrieb wieder aufgenommen. Die Sonne geht auf und die Vögel zwitschern.“ Die israelische Zeitung Yedioth zog ihr eigenes Fazit: „Genug, um daran zu kauen und zu verdauen.“

 Auf privaten Aufnahmen in den Netzwerken waren keine zwitschernden Vögel zu hören. Diesmal jagte das Heulen der Sirenen die Menschen in und um Isfahan aus den Betten. Am Horizont von Handy-Aufnahmen waren dichte Rauchsäulen sichtbar. Minuten nach den Explosionen kam es bereits im Morgengrauen zu langen Warteschlangen vor den Zapfsäulen der Tankstellen. Wie in Israel haben auch in Isfahan die Menschen ihre Erfahrungen mit Luftangriffen.

 Im Vergleich sieht sich der Iran nach seinem direkten Angriff weltweit isoliert.

Auch formell verbündete Staaten wie China und Russland halten sich mit Unterstützung zurück. Die Raketen-Breitseite aus dem Iran weckte hingegen weltweite Solidarität mit Israel. Wenige Wochen zuvor noch stand Israel im Gazastreifen nach dem Tod von sieben internationalen Krisenhelfern allein. Es hagelte Verurteilungen aus allen Richtungen. 

In Israel wie im Iran hält sich der Schaden nach diesem Angriff in Grenzen. Wie auch der Nutzen. Der Angriff kann nicht von Israels wichtigeren Problemen ablenken: 

Der Gaza-Krieg

Im Gazastreifen wurde die feindliche Hamas nach sechs Monaten nicht „ausgemerzt“. Die Kämpfe drohen zum Kriegssumpf zu werden. Im Norden schlagen täglich weiter iranische Raketen ein, abgeschossen vom schiitischen Hisbollah-Miliz. Fast 200.000 Menschen wurden aus den Grenzdörfern evakuiert.

 Die israelischen Geiseln im Hamas-Gewahrsam warten weiter auf einen Austausch. Alles stockt. Stimmen häufen sich, den Kampf gegen die Hamas wieder verstärkt aufzunehmen. Mit der immer wieder aufgeschobenen Offensive im Süden des Gazastreifens, wo bei Rafah über eine Million Flüchtlinge in Zelten hausen.

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