ZAHL DER KRANKENSTäNDE IN ÖSTERREICH STEIGT

Die Zahl der Krankenstände ist nach einem Lockdown-bedingten Rückgang im Jahr 2021 in den vergangen beiden Jahren wieder gestiegen. Die unselbstständig Beschäftigen verbrachten 2022 durchschnittlich 14,9 Tage im Krankenstand, im Folgejahr 15,4 Tage. Das liegt über den 13 Tagen im Vor-Corona-Jahr 2019, wie aus dem am Dienstag präsentierten „Fehlzeitenreport“ hervorgeht. Grund zur Sorge ist der Anstieg (12,3 Tage im Jahr 2022) für ÖGK-Obmann Andreas Huss aber nicht.

Nachdem sich mit dem Covid-19-Virus Infizierte in der ersten Phase der Pandemie absondern mussten, schlagen sich diese erst seit August 2022 in den Krankenstandszahlen nieder. In den „Coronajahren“ sind die Krankenstände zurückgegangen, „weil wir sehr auf uns geachtet haben, Maske getragen, Hände gewaschen und uns distanziert haben“, sagte Huss bei der Präsentation des Reports. „Alarmismus ist auf keinen Fall angezeigt“, resümierte er. Dass Menschen zu schnell in Krankenstand gehen, lasse sich aus den Zahlen nicht ableiten. Der Forderung, der erste Tag des Krankenstandes solle unbezahlt sein, kann Huss nichts abgewinnen.

Mehr Atemwegs- und psychische Erkrankungen

Der Anteil der Versicherten, die zumindest einmal in Krankenstand gingen, stieg von 57,4 Prozent im Jahr 2021 auf 71,2 Prozent 2023. Allerdings fallen die einzelnen Krankenstände kürzer aus: Mit 9,3 Tagen erreichen sie ein Allzeittief. In den letzten 50 Jahren hat sich diese Dauer halbiert.

Zurückzuführen ist der Anstieg der Krankheitsfälle einerseits auf eine Zunahme bei den Atemwegserkrankungen - so stieg etwa die Zahl der Influenza-Erkrankungen in den vergangenen Jahren stark. Atemwegserkrankungen würden auch durch Umweltveränderungen häufiger. Andererseits auf psychische Erkrankungen, die für die längsten Krankenstände verantwortlich sind.

Während eine Krankschreibung bei Infektionskrankheiten bei den 15- bis 29-Jährigen im Schnitt 3,7 Tage dauerte, waren es bei psychischen Erkrankungen 23,6 Tage. Gerade bei Berufseinsteigerinnen und -Einsteigern zeigen sich höhere Krankenstandsquoten, was laut Huss auch darauf zurückzuführen sei, dass diese am wenigsten selbstbestimmt arbeiten könnten.

Viele Junge mit chronischen Erkrankungen

Auch das Bewusstsein dafür, erkrankt nicht in die Arbeit zu gehen, um niemanden anzustecken, sei seit der Pandemie gestiegen, ergänzte Rolf Gleißner, Abteilungsleiter für Sozial- und Gesundheitspolitik in der Wirtschaftskammer Österreich. Für die Betriebe stelle das aber eine große Belastung dar. So sind im Jahr 2023 4,2 Prozent an Arbeitszeit und damit um 0,7 Prozentpunkte mehr Arbeitszeit aufgrund von Krankenständen verloren gegangen.

Zwar gibt es heuer noch keine Zahlen zum Zusammenhang zwischen Krankenständen und Homeoffice, Wolfgang Panhölzl, Abteilungsleiter Sozialversicherung in der Arbeiterkammer Wien, geht aber davon aus, dass Menschen immer häufiger von Zuhause aus arbeiten, anstatt in Krankenstand zu gehen, wenn sie krank sind. „Alarmierend“ sei hingegen die Hohe Zahl der chronischen Erkrankungen bei Jungen (18 Prozent in der Altersgruppe 15-19). „Das zeigt ein Muster auf, dass viele Junge krank oder mit Risiko ins Erwerbsleben einsteigen“. Auch die Zahl der Muskel- oder Skeleterkrankungen steige stark.

Wenig Arbeitsunfälle

Auf sehr niedrigem Niveau bewegt sich hingegen die Zahl der Arbeitsunfälle. 2,7 Prozent waren im Jahr 2023 von einem betroffen. Die Zahl der Krankenstände ist unter Arbeiterinnen am höchsten, unter männlichen Angestellten am niedrigsten, betonte Christine Mayrhuber, stellvertretende Direktorin des WIFO und Studienautorin. Das liege einerseits daran, dass Männer sich in der Arbeit besser abgrenzen können, andererseits daran, dass die Belastung für Frauen außerhalb des Jobs durch Kinderbetreuung oder Pflege oft höher ist.

Um Krankenstände vorzubeugen, investiere man besonders in Prävention und unterstütze die Betriebe bei der Gesundheitsvorsorge, betonte Huss. Jährliche Mitarbeitergespräche helfen, um ein gutes Betriebsklima aufrechtzuerhalten, ergänzte Gleißner. Man müsse aber auch dafür sorgen, dass Menschen gegen Ende ihrer Berufstätigkeit noch gesund arbeiten können. Gerade in der Pflege könnten sich viele Frauen, für die das Pensionsalter sukzessive auf 65 Jahre angehoben wird, nicht vorstellen bis dahin weiterzuarbeiten, sagte Panhölzl. (APA/red.)

2024-07-02T10:03:00Z dg43tfdfdgfd