MäDCHEN GESCHLAGEN – ES MUSSTE ERBROCHENES ESSEN

Eine Klosterschwester misshandelte eine Jugendliche schwer. Trotzdem steht der heute erwachsenen Frau keine Heimopferrente zu.

Unglaubliche physische und psychische Gewalt musste eine Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren erleben. Die heute 76-Jährige absolvierte von 1962 bis 1964 in einem Kloster in Oberösterreich eine "Lehre" als Kindergärtnerin.

Doch der versprochene Besuch der Kindergärtnerinnen-Schule von Mittwoch bis Freitag wurde dem Mädchen untersagt. Stattdessen musste es von 4.30 Uhr bis 21 Uhr im Kindergarten des Klosters arbeiten und teilweise allein 38 Kinder betreuen sowie Reinigungsarbeiten verrichten. Sie teilte sich zudem ein Zimmer im Kloster mit zwei anderen Bediensteten, ihre Eltern durfte sie nur alle zwei bis drei Wochen besuchen.

Die Jugendliche wurde dabei allerdings nicht nur als Arbeitskraft missbraucht – ihr Monatslohn in Höhe von 500 Schilling (rund 36 Euro) wurde von einer Klosterschwester einbehalten, weil sie "es nicht verdient hatte" – sondern auch schwer misshandelt.

Jene Nonne war es auch, die das Mädchen täglich schlug, etwa mit einem Gartengerät. Die damals 14-Jährige musste zudem "Scheiterlknien", ihr Erbrochenes essen und wurde mit dem Umbringen bedroht. Einmal wurde die Oberösterreicherin derart heftig mit einem Schürhaken geschlagen, dass dieser in ihrem Rücken steckenblieb und eine Ärztin geholt werden musste.

Das Martyrium endete erst, als die 16-Jährige am Dreikönigstag 1964 zu Fuß nach Hause flüchtete, nachdem ihr die Klosterschwester den Diebstahl von Kleidung unterstellt hatte. Das Mädchen holte sich dabei eine Lungenentzündung. Die Eltern fuhren mit ihr ins Kloster, stellten die Ordensfrau zur Rede und drohten mit einer Anzeige (zu der es allerdings nie kam). Daraufhin war das "Lehrverhältnis" mit der Jugendlichen beendet.

Die 76-Jährige erhielt von der Stiftung Opferschutz der Katholischen Kirche (Klasnic-Kommission) einmalig 15.000 Euro, zudem bezieht sie von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) eine Invaliditätspension. 2019 stellte die Oberösterreicherin einen Antrag auf Heimopferrente (HOR), die PVA lehnte diesen jedoch ab.

Die 76-Jährige ging vor Gericht, doch das Erstgericht wies die Klage ab. Die Klägerin habe zwar von 1962 bis 1964 in einer geeigneten Einrichtung der Kirche gewohnt und in dieser Einrichtung unermessliche Gewalt erlitten. Es liege jedoch keine Unterbringung im Sinn des Heimopferrentengesetz (HOG) vor, weil die Klägerin weder "Heimkind" noch "Pflegekind" gewesen sei.

Auch der Berufung der Frau wurde nicht stattgegeben: Die Klägerin habe Gewalt erlitten, ihr Schicksal sei höchst bedauerlich. Sie habe diese Gewalt jedoch nicht als Zögling eines Kinder- oder Jugendheims, sondern als Lehrling durch den Lehrherrn erfahren, der auch eine Unterkunft zur Verfügung gestellt habe. Gewalt gegen Lehrlinge oder jugendliche Dienstnehmer sei nicht vom HOG umfasst.

Schließlich landete die Causa vor dem Obersten Gerichtshof (OGH). Dieser entschied nun, dass eine Revision zwar zulässig, aber nicht berechtigt sei. Denn "zumindest rein rechtlich" hätte sie damals die Möglichkeit gehabt, das Dienst- und damit das Autoritätsverhältnis zu beenden, so die Begründung. Die Frau erhält daher keine Heimopferrente.

2024-04-23T19:18:27Z dg43tfdfdgfd