ATTACKEN AUF DEUTSCHE POLITIKER: VON DER LEYEN FORDERT „VOLLE HäRTE DES GESETZES“

Wenige Tage nach dem Überfall auf den sächsischen SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke ist es Deutschland neuerlich auf Attacken zu Politikerinnen gekommen. In Berlin erlitt Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) bei einem tätlichen Angriff leichte Verletzungen. Der mutmaßliche Täter ist identifiziert. Details zu dem Verdächtigen wurden nicht genannt. Dies sollte im Laufe des Tages nachgeholt werden.

Giffey (SPD) wurde Dienstagnachmittag in einer Bibliothek im Stadtteil Rudow attackiert. Ein Mann habe die frühere Regierende Bürgermeisterin unvermittelt „von hinten mit einem Beutel, gefüllt mit hartem Inhalt, attackiert und am Kopf sowie am Nacken getroffen“, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft Berlin in der Nacht auf Mittwoch mit. Giffey begab sich kurzzeitig zur ambulanten Behandlung von Kopf- und Nackenschmerzen in ein Krankenhaus. Der Polizeiliche Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen.

„Gewalt ist eine klare Grenze“

Die frühere Berliner Bürgermeisterin zeigte sich am Mittwoch kämpferisch. Nach dem ersten Schreck gehe es ihr gut und sie setze „heute unbeirrt meine Arbeit fort“. „Diese Angriffe sind durch nichts zu rechtfertigen“, erklärte sie. Sie stellten eine Grenzüberschreitung dar, der sich die Gesellschaft entschieden entgegenstellen müsse. Sie sei besorgt und erschüttert über eine sich verstärkende „Freiwildkultur“, der Menschen, die sich politisch engagierten, ausgesetzt seien.

Hitlergruß der Täter?

In Dresden wurde ein 47 Jahre alte Grün-Politikerin beim Aufhängen von Wahlplakaten attackiert, die Polizei stellte zwei Verdächtige. Die Frau - deren Namen die Polizei zunächst nicht sagen wollte - wurde Dienstagabend von einem 34-jährigen Mann beiseite gestoßen, beleidigt und bedroht, teilte die Polizeidirektion Dresden mit. Er soll auch zwei Wahlplakate heruntergerissen haben. Eine 24-jährige Frau sei dazugekommen und habe die Politikerin - die in Begleitung von Helfern und einem Drehteam war - unvermittelt bespuckt. Die Polizei stellte die beiden in unmittelbarer Nähe. Gegen den 34-jährigen Deutschen werde wegen Körperverletzung, Bedrohung, Beleidigung und Sachbeschädigung ermittelt und gegen die 24-jährige Deutsche wegen Körperverletzung.

Weil die beiden zuvor bei einer Gruppe gestanden haben sollen, aus der heraus der Hitlergruß gezeigt worden sein soll, werde außerdem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gegen sie ermittelt. Beide Verdächtige blieben auf freiem Fuß, berichtete der Polizeisprecher.

Bereits Attacke am Freitag

Erst am Freitag war der sächsische SPD-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Matthias Ecke, in Dresden von vier jungen Männern im Alter von 17 und 18 Jahren zusammengeschlagen und schwer verletzt worden, als er Wahlplakate anbringen wollte. Das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen rechnet zumindest einen dem rechten Spektrum zu. Kurz vor dem Angriff auf Ecke hatte laut Polizei mutmaßlich dieselbe Gruppe in der Nähe einen Grünen-Wahlkampfhelfer verletzt.

Innenministerin Faeser spricht von Zäsur

Am Dienstag hatten sich die Innenminister von Bund und Ländern vor dem Hintergrund der Angriffe zu einer Sondersitzung getroffen und sich zum besseren Schutz von Politikern und Wahlkämpfern auch für eine Verschärfung des Strafrechts ausgesprochen. Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und die Innenministerkonferenz der Länder forderten bei der Videokonferenz ein Ende von Gewalt und Hetze.

Faeser bezeichnete den Übergriff auf Ecke am Dienstagabend in den ARD-„Tagesthemen“ als Zäsur. Die Verschärfung des Strafrechts sei nur eine Maßnahme. Es brauche unter anderem schnellere Verfahren der Justiz, um Tätern schnell Grenzen aufzuzeigen. Wichtig sei auch, dass alle Straftaten angezeigt und konsequent verfolgt würden. Sie verwies auf die nächste Sitzung der Innenministerkonferenz, bei der das Thema noch einmal vertieft werden müsse.

Von der Leyen sieht Demokratie in Gefahr

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte ein entschiedenes Eintreten gegen Angriffe auf Politikerinnen. „Wenn wir über Gefahren für unsere Demokratie reden, dann geht es nicht nur um Positionen und Inhalte. Es geht auch um Menschen“, sagte sie am Mittwoch beim CDU-Parteitag in Berlin. „Wenn diese Menschen nicht mehr sicher sind, dann ist unsere Demokratie auch nicht mehr sicher.“ Daher müssten die Täter „die volle Härte des Gesetzes spüren“.

„Wir müssen all diejenigen vor Übergriffen schützen, die sich für unsere demokratische Gesellschaft und unser Land einsetzen - egal, welcher Partei sie angehören, egal ob privat, egal ob im Wahlkampf oder in Ausübung ihrer Ämter, egal ob bei Tag oder bei Nacht“, sagte die Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei (EVP) bei der Europawahl im Juni. Dies gelte für alle politischen Ebenen.(APA/dpa)

2024-05-08T04:24:31Z dg43tfdfdgfd