ANALYSE VON JOACHIM KRAUSE - KIMS NORDKOREANER IN DER UKRAINE: WIE PUTIN DIE „SCHMUDDELKINDER“ IM KRIEG EINSETZT

Das jüngste Verteidigungsabkommen zwischen Russland und Nordkorea wirft neue geopolitische Fragen auf. Experte für Politikwissenschaften Joachim Krause analysiert die möglichen Folgen dieser Entwicklung für die globale Sicherheitslage.

Was bedeutet das strategische Verteidigungsabkommen zwischen Russland und Nordkorea für die geopolitische Lage in der Ukraine?

Das Abkommen verpflichtet beide Seiten, sich im Fall einer feindlichen Invasion gegenseitigen Beistand zu leisten. Das erlaubt vielerlei Interpretationen. Da Russland wahrheitswidrig behauptet, es sei in der Ukraine Gegenstand einer Invasion des Westens, könnte diese Klausel bedeuten, dass Russland Nordkorea um militärischen Beistand bittet, der über die Lieferung von Waffen hinausgeht. Für die Ukraine ist erst einmal die Hauptsorge, dass Nordkorea die russischen Streitkräfte weiterhin mit Artilleriemunition und anderen Waffen versorgt. Russland glaubt, mit Unterstützung Nordkoreas die Ukraine in einem Abnutzungskrieg in die Knie zwingen zu können.

Welche Auswirkungen hat die militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und Nordkorea auf die internationale Sicherheitslage?

Diese Annäherung wird in vielen Ländern (besonders in Asien) mit großer Sorge betrachtet, denn Nordkorea unter der Kim-Dynastie gilt international als gefährlicher und unberechenbarer Pariah-Staat, der auch noch über Kernwaffen verfügt. Wenn Putin sich auf ein derart enges Verhältnis mit Nordkorea einlässt, dann ist er nach Meinung vieler in großer Not und riskiert, international noch weiter isoliert zu werden. Das scheint ihm allerdings derzeit egal zu sein, für ihn zählt nur, wie er diesen Krieg - die sogenannte Spezialoperation - so schnell wie möglich siegreich beenden kann.

In vielen Ländern fragt man sich, welche Risiken Putin noch einzugehen bereit ist. Es gilt jetzt zu beobachten, wie man darauf in Neu Delhi und anderen Hauptstädten reagiert, die sich bislang eher neutral verhalten haben. Putin spielt jetzt mit den „Schmuddelkindern“ und das sorgt für Misstrauen und kann mittelfristig eher die politische Unterstützung für die Ukraine verbessern.

Welche Rolle spielt China in diesem Kontext und wie könnte eine mögliche Einmischung Nordkoreas in den Ukraine-Konflikt das Verhältnis zwischen China, Nordkorea und Russland beeinflussen?

Es gibt wenig offizielle Reaktionen aus Peking. Dort ist man möglicherweise von dem Ergebnis des Besuchs überrascht worden. Der Abschluss eines derartigen Vertrages hätte vorzeitig mit Peking abgestimmt werden müssen. Das ist wahrscheinlich nicht geschehen. In der Hauptsache ist es das Interesse Pekings, dass Putin den Krieg gegen die Ukraine so schnell wie möglich gewinnt.

Xi Jinping sieht Putin als wichtigsten Verbündeten für seine weltumspannenden Ambitionen und befürchtet, dass dieser Krieg ein Fehlschlag wird, der für Putin das politische Aus bedeuten könnte. In dieser Hinsicht wird Peking nichts dagegen haben, dass Nordkorea Russland mit Waffen aushilft. Andererseits steigt aber in Peking die Skepsis über Putins Strategie und seine Erfolgsaussichten. Die Reise nach Pjöngjang wird auch als Ausdruck von Verzweiflung gesehen.

Wie sicher sind die Hinweise, wonach Nordkorea Truppen zur Unterstützung Russlands im Ukraine-Krieg entsenden will? 

Bislang ist nur die Rede von der Entsendung einer Pioniereinheit, wobei offen ist, ob es sich um eine Kompanie oder ein Bataillon handeln soll. Diese Einheit soll offenbar Aufbauarbeiten in der Provinz Donetsk vornehmen und Kriegsschäden beseitigen.

Ist damit zu rechnen, dass umfangreiche nordkoreanische Kampfverbände in den Krieg eingreifen? 

Eher nicht. Die Entsendung größerer Einheiten (Regimenter, Divisionen) würde daran scheitern, dass die nordkoreanischen Verbände schlecht ausgerüstet und vermutlich auch mangelhaft ernährt sind. Sie sind nicht auf einen Krieg eingestellt, wie er derzeit in der Ukraine stattfindet. Die konventionellen Streitkräfte Nordkoreas sind auf einem Stand der Technologie, der eher den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entspricht. Sollten nordkoreanische Großverbände sich wirklich auf das Schlachtfeld wagen, würden sie erhebliche Verluste erleiden.

Denkbar wäre die Einbeziehung von einzelnen Spezialeinheiten in russische Verbände. Aber dann wäre das Hauptproblem die Kommunikation untereinander. Also ich sehe nicht, dass Russland hier eine internationale Militärkoalition zur Eroberung der Ukraine aufbaut. Es gibt ja eine russische Antwort zur Nato, das ist die Organisation zur kollektiven Verteidigung, an der neben Belarus noch drei zentralasiatische Staaten mitwirken.

Mit Ausnahme von Belarus hat keiner der Mitgliedstaaten seine Bereitschaft erklärt, Russland militärisch zu unterstützen. Und diese Organisation erfreut sich abnehmender Beliebtheit. Ursprünglich waren es mal neun Staaten, aber drei haben sich verabschiedet, und einer (Armenien) lässt seine Mitgliedschaft ruhen.

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