MUMOK WIRFT IN "MAPPING THE 60S" EINEN BLICK ZURüCK

In jeder Hinsicht einen Blick zurück wirft die neue Ausstellung im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien: "Mapping the 60s" möchte "Kunst-Geschichten aus den Sammlungen des mumok" erzählen. Das inkludiert die eigene Geschichte und bringt viele Wiederbegegnungen mit Ikonen der Bestände. So lassen etwa Duane Hansons Football-Spieler oder George Segals an einem Tisch sitzende Gips-Frau sofort an eigene Besuche denken, als das mumok noch im Palais Liechtenstein zu Hause war.

Das Museum Moderner Kunst wurde im September 1962 als Museum des 20. Jahrhunderts eröffnet. Ein Raum konfrontiert ein Architekturmodell des Karl-Schwanzer-Baus, der 1958 als Österreich-Pavillon der Brüsseler Weltausstellung diente und danach im Schweizergarten aufgestellt wurde, mit Plakaten und Katalogen der Ausstellungen unter Gründungsdirektor Werner Hofmann. Bemerkenswert - auch im Kontext zu den politischen Umbrüchen jener Zeit, die in der Ausstellung sonst nur wenig veranschaulicht werden - etwa, dass bereits im September 1968 eine Ausstellung von 250 Fotografien zu "Paris Mai '68" zu sehen war. Im Nebenraum geht Co-Kuratorin Marianne Dobner mit Hofmanns Ankaufspolitik hart ins Gericht: Nur von acht Künstlerinnen wurden Werke angekauft - oder eigentlich: sieben. Einen gezeigten Stoffdruck von Mathilde Flögl hatte man im Glauben erworben, er stamme von Josef Hoffmann.

Dank der Österreichischen Ludwig-Stiftung konnten in jüngster Zeit einige Versäumnisse von damals durch Neuankäufe wieder gutgemacht werden. Das gilt auch für jenen Ausstellungsteil, der sich etwa mit der documenta 4 des Jahres 1968 beschäftigt, bei der unter 150 Teilnehmenden bloß fünf Künstlerinnen zu sehen waren. Von der griechisch-amerikanischen Malerin und Grafikerin Chryssa (1933-2013), die zu diesem Quintett gehörte, wurde im Vorfeld der Ausstellung eine Arbeit erworben, die Co-Kuratorin Naoko Kaltschmidt nun neben den "großen Farbwürfel, schrägstehend" des österreichischen Bildhauers und damaligen documenta-Teilnehmers Roland Goeschl (1932-2016) gehängt hat. Auf dieses damalige "eklatante Missverhältnis" der Geschlechter-Repräsentanz hinzuweisen hat sich die ab Dezember mit weiteren Kapiteln ergänzte und dann bis Anfang Februar 2026 laufende Sammlungsschau ebenso vorgenommen wie auf Themen wie "Politik und Gewalt, Rassismus und Diskriminierung" (Co-Kurator Matthias Michalka) hinzuweisen. Beides gelingt nur in Maßen.

Man habe sich den Sixties "ohne kanonisierte Vorstellungen einer idealen Kunstgeschichte" nähern und sich "auf das Konzept des Mapping konzentrieren wollen", erläuterte Michalka bei der heutigen Presseführung. "Das Ergebnis ist eine Ausstellung, in der wir uns ganz bewusst fragmentarisch historischen Objekten nähern." So hat etwa Co-Kuratorin Heike Eipeldauer 21 der damaligen 69 Positionen von Harald Szeemanns wegweisender Schau "Live in Your Head - When Attitudes Become Form" aus 1969 zusammengetragen, letztlich handelt es sich aber bei "Mapping the 60s" doch vor allem um eine Neuaufstellung der hauseigenen Sammlung und weniger um die Präsentation neuer Konzepte oder Querverbindungen.

Viel mehr Interaktion mit anderen Kunstsparten, aber auch mit gesellschaftlichen und politischen Themen soll das Performancefestival "nowhere / now here" bieten. Seit 2013 bestehe eine Kooperation mit dem ImPulsTanz Festival, sagte mumok-Direktorin Karola Kraus. "Das bunte Festivaltreiben ist zu einem unentbehrlichen Fixpunkt unseres musealen Treibens geworden." Kuratiert von Marianne Dobner und Christine Standfest soll diesmal die "Wiener Szene der Zeit in einen internationalen Kontext gesetzt" und mit Arbeiten von acht zeitgenössische Choreografinnen und Choreografen konfrontiert werden. "Die von uns Eingeladenen gehören für uns zu den interessantesten gegenwärtigen Positionen", versicherte Standfest. Dazu zählen etwa Trajal Harrell, Dana Michel und Eszter Salamon, die mit ihrer 80-jährigen Mutter ein Duett performen wird. Die Live-Performances sollen einen Dialog mit filmischen performativen Arbeiten aus der mumok-Sammlung der 60er- und 70er-Jahre eingehen. Ausgewählt wurden etwa Werke von Carolee Schneemann, Chris Burden, Günter Brus und Kurt Kren.

Neu ist ab Freitag auch die Neuaufstellung der Dauerpräsentation einer rund 30 Werke Friedrich Kieslers umfassenden Schenkung des Sammlerehepaars Gertraud und Dieter Bogner. Im Mittelpunkt der mit Arbeiten aus den Beständen der Friedrich und Lilian Kiesler Privatstiftung ergänzten Ausstellung steht nun das berühmte "Endless House" des österreichisch-amerikanischen Architekten und Designers.

(S E R V I C E - "Mapping the 60s. Kunst-Geschichten aus den Sammlungen des mumok", Ausstellung im Museum moderner Kunst, Museumsquartier, 5. Juli 2024 bis 1. Februar 2026; "nowhere / now here. Ein Performancefestival", 5. Juli bis 11. August, www.mumok.at)

2024-07-04T11:36:35Z dg43tfdfdgfd