WIENER RINGSTRAßEN-ALLEE WIRD SICH VöLLIG VERäNDERN

Die heimischen Baumarten schaffen den Klimawandel nicht, sterben in den immer heißer werdenden Sommern weg. Sie werden durch "Zuagraste" ersetzt.

Der Klimawandel wird auch das Wiener Stadtbild deutlich verändern. Schon jetzt spenden zehntausende Stadtbäume kühlenden Schatten in den brütenden Sommermonaten, viele mehr sollen es noch werden. "Die Stadt wird heißer werden, sie muss auch grüner werden", sagt Thomas Thaler vom Institut für Landschaftsplanung der Boku Wien dem "Standard".

Ausgerechnet dem mit Abstand am meisten gepflanzten Spitzahorn sowie dem Bergahorn  droht der Hitzekoller. "Sie schaffen den Klimawandel nicht. Über kurz oder lang werden sie aus dem Straßenraum verschwinden", stellt Landschaftsplaner Bernhard Wolff im Talk mit der Zeitung fest.

Aktuell zählt der Wiener Baumkataster rund 27.000 Stadtbäume dieser beiden Arten. Ihr Absterben würde auch die Ringstraßen-Allee gravierend verändern.

"Schon jetzt massive Probleme" haben auch die oft gepflanzten heimischen Linden und Rosskastanien. "Die werden wir zunehmend austauschen müssen", prognostizierte Schwammstadt-Forscher Thomas Roth bereits in der Vergangenheit. Im Versuchsgarten der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau in Schönbrunn werden deshalb seit 2019 klimafitte Baumarten getestet.

"Es wird künftig vielleicht nicht weniger Regen geben, aber er wird sich anders verteilen", weiß auch Stefan Schmidt, Landschaftsarchitekt und ehemaliger Leiter der Abteilung Gartengestaltung an der HBLFA Schönbrunn. "Wir werden mehr Hitze und längere Trockenperioden erleben – und dennoch wird es ein kontinentales Klima mit Winterfrost bleiben."

Bernhard Wolff hat seinen "Zukunftsbaum" schon gefunden: Der Südliche Zürgelbaum wurde in den letzten Jahren so oft gepflanzt wie kein anderer Baum. Er stammt, das verrät auch schon sein Name, aus wärmeren Gefilden. Gewöhnlich ist er am Mittelmeer, von Italien bis in die Türkei oder Teilen Nordafrikas zu finden – jetzt wird er auch Wiener. Am Ring soll er die sterbenden Ahorne ersetzen.

Seine Hitzetoleranz erkauft sich der Baum mit einem Mechanismus, der für uns Menschen einen deutlichen Nachteil hat. Steigen die Temperaturen, schließt er die Spaltöffnungen an seinen Blättern, was die Verdunstung von Wasser verringert. Das hilft zwar dem Baum selbst, die Umgebung wird dadurch aber deutlich weniger gekühlt.

Restlos glücklich ist Wolff mit seinem Schößling und anderen ebenso klimafitten Importen wie der chinesischen Zelkove und der asiatischen Resista-Ulme nicht. Die "Zuagrasten" sind für die heimische Tierwelt weniger wertvoll, viele Arten sind auch auf heimische Bäume angewiesen.

Nehmen nun fremde Baumarten überhand, könne es zu "zu ökologischen Verschiebungen kommen", sagt der Experte. Wirklich verhindern lässt sich das nicht mehr, denn ein toter heimischer Ahorn bringt noch weniger. Wolff bringt es auf den Punkt: "Wir brauchen Bäume, die überleben."

2024-06-16T06:38:30Z dg43tfdfdgfd