LUDWIG WILL BABLER UNTERSTüTZEN – UND DAS KLIMA SCHüTZEN, OHNE ZU "SEKKIEREN"

Die Wienerinnen und Wiener in der riesigen Messehalle stehen. Für ein "faires Europa", wie weiß auf rotem Grund zu lesen ist – und für zwei Männer in dunkelblauen Anzügen: Wiens Bürgermeister und SPÖ-Landeschef Michael Ludwig und für den roten Bundesparteivorsitzenden Andreas Babler. Diese bahnen sich bei Standing Ovations ihren Weg nach vorne, Richtung Bühne, zu ihren Sitzplätzen. Händegeschüttel, Umarmungen, Winken.

Es ist ist Landesparteitag der Wiener SPÖ. An sich ein Routinetermin, der diesmal aber besondere Bedeutung hat. Die größte sozialdemokratische Landesorganisation schwört sich in der Halle D der Wiener Messe beim Prater auf das Superwahljahr 2024 ein. Ein Jahr, in dem die SPÖ "endlich aus der Opposition herauskommen" werde, wie Landesparteisekretärin Barbara Novak den Genossinnen und Genossen mit Blick auf die Nationalratswahl in rund einem halben Jahr ins Mikrofon ruft.

Davor ist ist aber noch eine andere Wahl zu schlagen. Eine, die in der generellen Wahrnehmung zwar nicht ganz so hohe Priorität hat, aber für die SPÖ durchaus wichtig ist: Die Wahlen zum Europaparlament am 9. Juni – je nach Ergebnis ein wichtiger Motivator oder Dämpfer für die nationale Wahl im Herbst. Und so sind alle gekommen, die das an vorderster Front betrifft: Neben Ludwig und Babler auch die beiden Spitzenkandidaten Andreas Schieder (für die österreichischen Sozialdemokraten) und Nicolas Schmit (für die europäischen) sowie Europaparlamentsvizepräsidentin Evelyn Regner. Bevor die drei beim Parteitag den EU-Wahlkampf der SPÖ offiziell eröffnen, ist allerdings der Hausherr dran: Michael Ludwig.

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Der appelliert zu Beginn seiner mehr als einstündigen Rede an die Einigkeit. "Die besten Phasen der Sozialdemokratie waren immer jene, wo wir geschlossen nach außen auftreten", sagt Ludwig. Innerparteiliche Diskussionen seien zwar notwendig, der gemeinsame Parteitag aber ein "schönes Zeichen der Verbundenheit". Das zeige: "Vieles, was an Gerüchten gestreut wird, stimmt nicht." Man gehe "Schulter an Schulter" – besonders in einem Superwahljahr sei das von Bedeutung. Später wird Ludwig noch deutlicher: "Lieber Andi Babler, die Wiener SPÖ unterstützt die Bundespartei, wo wir können."

Im Gespräch mit dem STANDARD klang der Wiener Bürgermeister vor Kurzem reservierter: Gefragt, ob er mit allen inhaltlichen Akzenten der SPÖ unter Babler einverstanden sei, sagte er: "Wer ist das schon? Wer ist mit seiner Partei in allen Bereichen immer zu 100 Prozent einverstanden?" In Summe sei er zufrieden, aber es sei auch "sinnvoll, inhaltliche Diskussionen zu führen, wo man sie für notwendig befindet."

Europa befindet sich an einer Wegscheide, betonte Ludwig auf der Bühne der Messehalle: "Es gibt immer mehr rechtspopulistische Parteien, die dieses gemeinsame Europa sprengen". Dasselbe gelte für "Kräfte von außerhalb", namentlich Russland. Wien habe von ersten Tag an die Menschen aus der Ukrainer unterstützt, mehr als 4000 geflohene Kinder in Schulen und Kindergarten integriert, sagte der Stadtchef – um zu einem derzeit viel diskutierten Thema zu kommen: der Verteilung von Geflüchteten im Land.

"Ich möchte nicht verhehlen: Das ist keine leichte Aufgabe", sagte Ludwig über die Folgen der Flucht nach Wien. "Manchmal ist es schwierig, Raum zur Verfügung zu stellen und Pädagoginnen und Pädagogen zu haben." Er fordere ein, dass "diese Leistungen von der Bundesregierung gesehen werden und unterstützt werden." Neben finanzieller Abgeltung brauche es eine gerechtere Verteilung.

Wiener Weg beim Klimaschutz

Ludwig spannt den Bogen weiter, über ein Bekenntnis zur Neutralität hin zu einem sozialdemokratischen Kernthema: Arbeit. Er sei gegen einen gesetzlichen vorgeschriebenen Mindestlohn, beteuert Ludwig, ganz auf Linie von Parteichef Babler: "Die Gewerkschaft soll das ausmachen, anstatt dass die Bundesregierung Mindestlöhne festlegt." Seitens der Wirtschaft brauche es eine Bereitschaft zur Arbeitszeitverkürzung – eine Forderung, die die Delegierten am Nachmittag in einem von 127 Anträge beschließen werden.

Nach einer Rückschau auf in Wien auf den Weg gebrachte Projekte (Joboffensive für Arbeitsuchende über 50, Berufsschule in der Seestadt, Senkung von Mieten im Gemeindebau) und einem Seitenhieb gegen Türkis-Blau (Patientenmilliarde) – ist Ludwig beim österreichweiten Waffen- bzw. Messerverbot angelangt. Anlass für die vom Bund geplante Verschärfung waren Attacken in Favoriten. Er fordere ein solches Verbot bereits seit Längerem, sagt Ludwig, Denn: "Es hat mir noch niemand erklären könne, dass sich einer mit einer Machete die Fingernägel schneidet." Nun werde man sehen, ob die Bundesregierung die Nerven habe, das Waffenverbot durchzusetzen.

Ludwigs Rede endet beim Klimaschutz. Sein Credo: Während die Vorschläge anderer Parteien nur dazu dienten, "die Menschen zu sekkieren", setze die SPÖ "klimaschutzrelevante Maßnahmen, ohne die Menschen im Alltag zu behelligen". Wie? Etwa mit einer neuen Großwärmepumpe in Simmering. Applaus.

Babler-Auftritt zu Mittag

Nach Reden von Schmit, Regner und Schieder wird gegen Mittag Parteichef Babler das Wort ergreifen. Es folgt die Neuwahl der Gremien, wobei es im Präsidium keine Änderungen geben soll. Ein Gegenkandidat für Ludwig ist nicht in Sicht. Der Landesparteivorsitzende war zuletzt 2022 mit 94,4 Prozent bestätigt worden. (Stefanie Rachbauer, 20.4.2024)

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