EX-MINISTER BLüMEL KäMPFTE IN U-AUSSCHUSS ERNEUT MIT ERINNERUNGSLüCKEN

Mehr als achtzig Mal ließ den damaligen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) im Ibiza-Untersuchungsauschuss sein Erinnerungsvermögen im Stich. Am Mittwoch dürften sich einige Abgeordnete dorthin zurückversetzt gefühlt haben. Denn auch im Cofag-Untersuchungsausschuss konnte Blümel eine Reihe von durchaus wichtigen Fragen nicht beantworten, vor allem rund um Signa-Gründer René Benko. Etwa: Hat er mit ihm über Steuerangelegenheiten gesprochen? Über ein neues Insolvenzrecht diskutiert? Wie oft haben die beiden miteinander telefoniert?

All das blieb unbeantwortet. "Aus meiner Erinnerung hatten wir keinen regelmäßigen Kontakt. Ich kann mich nicht erinnern, ob es um so etwas gegangen ist, kann aber auch nicht ausschließen, dass so etwas vorgekommen ist", sagte Blümel diffus auf die Frage nach besprochenen Steuerangelegenheiten. Dabei wird gegen Benko ermittelt, weil er den einstigen Generalsekretär im Finanzministerium und Blümel-Vertrauten Thomas Schmid bestochen haben sollen, um in seinem Steuerverfahren intervenieren zu können. Das hatte Schmid in seinem Geständnis der Behörde offengelegt. Benko bestreitet das, und es gilt die Unschuldsvermutung.

Brunner vertraut Müller 

Um Lehren aus dem Fall Signa ging es auch beim aktuellen Finanzminister, Magnus Brunner (ÖVP). Er wurde am Mittwoch als erste Auskunftsperson befragt und verwies auf eine Reihe von Lehren, die man gezogen habe und in Reformen umsetzen werde: etwa eine Datenbank, die Konzernzusammenhänge aufzeige, eine Modernisierung des Firmenbuchs und ans Preisniveau angepasste Strafen.

Schweigsam gab sich Brunner allerdings bei der Frage nach Konsequenzen, die die Geschehnisse rund um Benko intern ausgelöst hatten. Die interne Revision im Finanzministerium habe sich mit Schmids Vorwürfen nicht beschäftigt, sie sei nicht zuständig. Eduard Müller, mittlerweile Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA) und einst Generalsekretär, Sektionschef und kurz Finanzminister, machte Brunner die Mauer. Er sehe keinen Grund, ihn aus der FMA abzuberufen, erklärte Brunner. Das hatte die Opposition gefordert, weil auch Müller sich intensiv mit Benko ausgetauscht hatte.

Erster Auftritt von Benko seit langem

Der Signa-Gründer selbst hatte eine Ladung in den U-Ausschuss aufgrund eines anderen Termins abgesagt: der Prüfungstagsatzung im persönlichen Konkursverfahren gegen ihn am Landesgericht Innsbruck. Daran nahm Benko überraschend selbst teil. Es war sein erster öffentlicher Auftritt seit langem, gegenüber den anwesenden Journalisten gab er sich aber schweigsam. Gläubiger haben Forderungen in der Höhe von zwei Milliarden Euro gegen den Unternehmer angemeldet. Vorerst wurden 47 Millionen Euro davon als unstrittig anerkannt.

Wenig später wurde publik, dass Benko Ende Mai tatsächlich noch im U-Ausschuss erscheinen will. Sein Anwalt Norbert Wess gab der Parlamentsdirektion eine "verbindliche" Zusage. Zuvor hatte Benko mit Verweis auf laufende Strafverfahren einerseits, seinen Termin in Innsbruck andererseits, abgesagt. Die Opposition drohte deshalb mit einer polizeilichen Vorführung des Unternehmers.

Die überfördernde Cofag

Abseits von Benko ging es am Mittwoch tatsächlich um die Covid-19-Finanzierungsagentur Cofag, die dem U-Ausschuss seinen Namen gab. Brunner betonte, die Cofag habe derzeit 160 Millionen Euro an ausbezahlten Förderungen zurückgefordert. Man arbeite "sehr gründlich". Interventionen rund um Corona-Förderungen habe er immer "seriös" an die Cofag weitergeleitet.

Die politische Verantwortung für die Einrichtung der Cofag nahm dann Blümel auf sich, der sich an Vorgänge dazu deutlich besser erinnern konnte als an Kontakt zu Benko. Es habe viele Vorschläge gegeben, aber die eine, offensichtlich ideale Lösung habe es nicht gegeben. Das Risiko der Überförderung sei ihm erst später bewusst geworden, vor allem im Zusammenhang mit dem Umsatzersatz.

Den Abschluss machte am Donnerstag Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Er gab in einem Statement vor dem U-Ausschuss an, er habe rund um die Cofag auf Transparenz gedrängt, das sei ihm dann auch gelungen. Man habe, als die Pandemie begann, sehr viele Entscheidungen treffen müssen. Die sei ein "Einschlag in die Ökonomie" gewesen, so der Vizekanzler in einem langen Eingangsstatement.

Die Abgeordneten fragten etwa, ob Kogler ein "grünes Netzwerk" habe, da sein Vertrauter Marc Schimpel zum Co-Chef der Cofag wurde. Kogler betonte, dass Schimpel kein Parteimitglied und bestens qualifiziert sei. Ein Fall der Kommunikation zwischen Kogler-Mitarbeitern und Cofag sorgt in der Opposition für besonderes Aufsehen: Da wurde nachgefragt, ob jemand schon Coronahilfen erhalten habe bzw. was aus einem Fall geworden sei. Kogler erklärte dazu, er habe eine Unternehmerin wahrgenommen, die im ORF oder auf Pressekonferenzen ihr Leid mit der Cofag geklagt habe; deshalb habe er da nachgeforscht. "Da wäre ich ja auch falsch, wenn ich gar nicht fragen würde, wenn behauptet wird, die Regierung führe 100.000 Unternehmen in den Ruin", so Kogler.(Fabian Schmid, Renate Graber, 24.4.2024)

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