MONTENEGRO: EINE LUXUSINSEL MIT DUNKLER VERGANGENHEIT

Eine kleine Insel im tiefblauen Meer der Adria mit Blick auf spektakuläre Küstenlandschaften, darauf eine imposante Festung aus vergangenen Tagen, frisch zum edlen Luxushotel umgebaut: Das Eiland Mamula liegt strategisch günstig an der Einfahrt zur Bucht von Kotor, die sich in den vergangenen Jahren vom Geheimtipp zu einem der touristischen Liebkinder im östlichen Mittelmeer entwickelt hat. 2023 ist aus dem historischen Bollwerk in Montenegro eine Nobelherberge geworden. Die Investmentfirma Orascom des ägyptisch-schweizerischen Milliardärs Samih Sawiris soll knapp 40 Millionen Euro in den Um- und Ausbau des Hotelprojekts, das als eines der spannendsten der letzten Zeit gilt, investiert haben.

Doch mit einer Klischee-Trauminsel hat das nahezu kreisrunde Eiland Mamula mit seinen gerade einmal 200 Metern Durchmesser nur wenig gemein. Statt sanft im Wind wogender Palmen oder Pinien und feinkörnigem Sand wartet hier eine schroffe Felsküste und karges Land. Eine dunkle Vergangenheit wirft ihren Schatten auf die Insel, die mehr mit Alcatraz in San Francisco und Robben Island in Kapstadt verbindet, als mit den üblichen Ferienparadiesen. Das auf Mamula liegende Fort wurde 1852 unter der österreichischen Herrschaft von General Lazarus von Mamula, der zu jener Zeit das Kommando über Dalmatien hatte, errichtet.

Berüchtigtes Gefängnis

Während des Zweiten Weltkriegs diente es unter Adolf Hitlers Verbündetem Benito Mussolini als für Gräueltaten berüchtigtes Gefängnis. Folterungen standen auf der Tagesordnung, viele Regimekritiker überlebten die Inhaftierung auf der Insel nicht. Das faschistische Italien schreckte auch nicht davor zurück, Frauen und Kinder hier einzusperren.

Heftige Kritik

Luxusurlaub im ehemaligen Konzentrationslager? Diese Idee löste von Beginn an heftige Proteste aus. Die Nachfahren der Inhaftierten konnten die Pläne von Montenegros Regierung, die Insel für 49 Jahre zu verpachten und das Hotelprojekt zu erlauben, nicht fassen. 2015 äußerte auch der ehemalige UNO-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali in einem offenen Brief an das montenegrinische Parlament Bedenken über ein Hotel auf der Insel. Später änderte er seine Meinung, da die Bauherren zusicherten, sie würden die Opfer des faschistischen Regimes nicht vergessen und an die dunkle Vergangenheit der Festung erinnern. Für die montenegrinische Regierung schien der internationale Investor dagegen mehr als Segen denn als Fluch. Das Fort verfiel immer weiter. Geld, um die historisch so bedeutsame Stätte zu restaurieren, fehlte.

Dennoch rollte bei der Eröffnung des Hauses vor genau einem Jahr eine neue Protestwelle an.  Neben den moralischen Bedenken sorgte auch der Umstand für Kritik, dass das Fort nun nicht mehr öffentlich zugänglich, sondern den Hotelgästen vorbehalten ist.

So luxuriös urlaubt man auf Mamula

Doch wie sieht das exklusive Streitobjekt heute aus? 32 Zimmer und Suiten, mehrere Restaurants und Bars, natürlich mit drei Swimmingpools und Spa-Bereich. Rund 200 Mitarbeiter kümmern sich um das Wohl der Gäste, die, nachdem sie mit dem Boot vom Festland am Anlegesteg ankommen, mit Golf-Carts zum Hotel chauffiert werden. Auch ein Helikopter-Landeplatz darf nicht fehlen.

Bei der Renovierung wurde der historische Sandstein aufwändig gereinigt, verfallene Stellen ergänzt, historische Fresken in den ehemaligen Büros der Kommandeure freigelegt und restauriert. Die schmalen Durchlässe in den dicken Mauern durften nicht vergrößert werden, die Denkmalschutzbehörde achtete streng auf die Einhaltung der Richtlinien. Eine Gedenktafel erinnert an die Inhaftierten Mussolinis.

Wer nun so viel Luxus an der historischen Stätte erleben will, muss dafür tief in die Tasche greifen. Die Preise starten bei 500 Euro und gehen bis weit über 3000 Euro pro Person und Nacht. Ob man auf dieser Insel aber ganz zur Ruhe kommen kann, bleibt ob der schrecklichen Vergangenheit fraglich.

2024-05-04T04:39:23Z dg43tfdfdgfd