EXPERTEN ORTEN RACHEAKT GEGEN PAPST LEO XIV.

In die allgemeine Feierstimmung nach der Wahl des US-Kardinals Robert Prevost zum neuen Papst mischten sich auch Misstöne. Ein Netzwerk von Missbrauchsopfern übte Kritik an der Wahl von Leo XIV., wie sich der 69-Jährige ab sofort nennt. Ihm wird vorgeworfen, bei der Vertuschung von Missbrauchsfällen indirekt mitgeholfen zu haben. Doch laut Experten sind die Anschuldigungen unhaltbar. Ein Racheakt einer aufgelösten Gemeinschaft in Peru wird vermutet.

Konkret geht es bei den Vorwürfen um zwei Fälle. Der erste spielt im Jahr 2000 in Chicago. Prevost war damals Regionalleiter seines Ordens, der Augustiner. Die Erzdiözese Chicago musste einen Priester unterbringen, dem Kindesmissbrauch in mehreren Fällen vorgeworfen wurde. Zu diesem Zeitpunkt durfte der Beschuldigte bereits seit rund zehn Jahren seinen Dienst nicht mehr ausüben, arbeitete in der Verwaltung der Diözese und wurde überwacht.

Weil die Erzdiözese den bisherigen Wohnort des damaligen Priesters verkaufte, suchte man nach einer neuen Unterkunft und fand diese in einem Kloster des Augustinerordens – unter Einhaltung der Disziplinarmaßnahmen. Als Provinzial musste Prevost den Umzug des Überwachten in das Ordenshaus genehmigen.

Man wirft dem neuen Papst nun vor, die örtliche Nähe des Hauses zu einer katholischen Volksschule nicht als Risiko bei der Unterbringung eines mutmaßlichen Missbrauchstäters erkannt zu haben. Erst zwei Jahre entließ die Diözese den Priester komplett aus dem aktiven Dienst, und er verließ das Ordenshaus. Mittlerweile ist der Mann, gegen den später noch weitere Missbrauchsvorwürfe erhoben wurden, laisiert.

Fall nach medialer Berichterstattung noch einmal aufgerollt

Der zweite Fall betrifft Peru. Drei Frauen werfen der katholischen Diözese Chiclayo und Prevost in seiner damaligen Funktion als Bischof Versäumnisse und Vertuschung im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen gegen zwei Priester vor. Die mutmaßlichen Übergriffe ereigneten sich vor Prevosts Amtszeit (vor 2014), wurden aber erst 2022 gemeldet.

Der US-Amerikaner leitete eine kirchliche Voruntersuchung ein, suspendierte einen Priester und übergab den Fall an den Vatikan. Die Diözese weist alle Vorwürfe zurück. Die staatliche Ermittlung wurde mangels Beweisen eingestellt. Aber nach hoher Aufmerksamkeit in manchen Medien wurden die Fälle wieder teilweise aufgerollt. Das Ergebnis der vatikanischen Untersuchung steht noch aus.

Die Gemeinschaft, die auch Sodalicio genannt wird, wurde 1971 in Lima gegründet. Binnen weniger Jahre erlangte die Gruppe als Gegenbewegung zur politisch als linkslastig empfundenen Befreiungstheologie großen Einfluss in der Kirche. Papst Johannes Paul II. (1978 bis 2005) erkannte die Organisation 1997 offiziell an.

Hinweise, dass es dabei zu Misshandlungen gekommen sei, wurden von den örtlichen Kirchenoberen lange Zeit nicht verfolgt. Papst Franziskus löste am 18. Jänner 2025 die umstrittene Bewegung auf, am 1. April folgte der Frauenzweig MCR. Die Organisation akzeptierte die Entscheidung und entschuldigte sich bei Missbrauchsopfern. Ex-Mitglieder berichten von psychischem Missbrauch und schweren Folgen wie Depressionen.

Missbrauchsopfer selbst verteidigen Prevost

Während einige Opferverbände Prevost deshalb nun einen angeblich mangelhaften Umgang mit diesen Fällen vorwerfen, verteidigen prominente Missbrauchsbetroffene den neuen Papst. Der Journalist Pedro Salinas, Mitgründer einer Betroffenen-Initiative, würdigte in einem Statement Prevosts „entscheidende Rolle bei der Aufarbeitung des Sodalicio-Falls – einem der schlimmsten Missbrauchsskandale in Lateinamerika“. Ähnlich wie andere Experten vermutet er eine Kampagne von ehemaligen Mitgliedern der aufgelösten Gemeinschaft „Sodalitium Christianae Vitae“, kurz Sodalicio genannt.

2025-05-09T19:28:38Z