Österreichs Soldatinnen dürfen lange Haare haben, Soldaten nicht. Ein langhaariger Vorarlberger Offizier erhielt darum eine Disziplinarstrafe, sah sich diskriminiert und ging bis vor den Verwaltungsgerichtshof (VwGH), der die Strafe mit 2.200 Euro festsetzte. Vom Vorwurf, einen Befehl missachtet zu haben, wurde er freigesprochen. Das wurde nun auch in einer außerordentlichen Revision bestätigt, berichteten "Neue Vorarlberger Tageszeitung" und der ORF Vorarlberg.
In der Causa ist noch ein weiteres Verfahren anhängig, und zwar am Verfassungsgerichtshof (VfGH), wie die "Presse" am Montag berichtete. Mit dem Verfahren will der Soldat erreichen, dass die strengen Frisurregeln ganz gekippt werden. Der Fall werde noch genau analysiert, hieß es auf Nachfrage seitens des VfGH zur "Presse".
In Österreich dürfen Soldatinnen lange Haare haben, wenn diese zurückgebunden getragen werden. Für ihre männlichen Kameraden gilt laut Erlass des Verteidigungsministeriums, dass die Haare kurz geschnitten sein müssen. Augen und Ohren dürfen nicht bedeckt sein, die Haare dürfen "bei aufrechter Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berühren". Ein Vorarlberger Berufssoldat trug seine Haare allerdings bis September 2023 ebenfalls als "Pferdeschwanz", der Aufforderung des Vorarlberger Militärkommandanten zum Haareschneiden kam er nicht nach.
Die Bundesdisziplinarbehörde hatte darum über den Mann wegen dieser Dienstpflichtverletzung in erster Instanz im Dezember 2023 eine Geldstrafe von 3.000 Euro verhängt, zusätzlich sollte er 300 Euro Verfahrenskosten übernehmen. Das Bundesverwaltungsgericht setzte die Geldstrafe in zweiter Instanz im Juli 2024 dann auf 2.200 Euro herab, der Soldat hatte inzwischen kürzere und damit erlasskonforme Haaren. Ansonsten wurde die Entscheidung bestätigt. Von dem Vorwurf, er habe den ursprünglichen Haarschneide-Befehl seines Vorgesetzten, des Vorarlberger Militärkommandanten, missachtet, wurde der Mann freigesprochen.
Gegen diesen Teilfreispruch ging der Disziplinaranwalt des Verteidigungsministeriums dann mittels einer außerordentlichen Revision am VwGH vor. Es ging ihm laut dem ORF-Bericht vor allem um die Straflosigkeit des nicht befolgten Befehls. Der VwGH wies die außerordentliche Revision nun aber ab. Nach Ansicht der Höchstrichter galt der Befehl des Militärkommandanten als zurückgezogen, weil er seinen Befehl nicht schriftlich wiederholt hatte. Es sei festzuhalten, dass für die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Angehörigen des Bundesheeres das Remonstrationsrecht gelte, so das Gericht in seinem Erkenntnis. Im Gegensatz zum Wehrgesetz kann laut Beamtendienstrecht ein Beamter Bedenken äußern, wenn er einen Befehl für rechtswidrig hält, dann muss der Befehl schriftlich wiederholt werden, was im konkreten Fall nicht erfolgte. Der Bund muss dem Soldaten nun für den Gang zum Höchstgericht rund 1.100 Euro an Verfahrenskosten ersetzen.
Bereits im Juni des Vorjahres zog der Soldat mit dem Fall vor ein weiteres Höchstgericht, das Verfassungsgericht. Dieses muss klären, ob Männer und Frauen beim Bundesheer bezüglich der Frisuren unterschiedlich behandelt werden dürfen. Denn bei der Polizei sind etwa Pferdeschwänze unabhängig vom Geschlecht erlaubt, so seine Argumentation laut der "Presse", die sich auf den Anwalt des Mannes bezog. Der VfGH könnte den Ministeriumserlass kippen, in diesem Fall käme der Betroffene doch ohne Strafe davon. Hält der VfGH den Erlass für konform, würde er den Fall an den VwGH abtreten, wie Anwalt Bertram Grass der Zeitung sagte. Die dortigen Richter würden dann wiederum prüfen, ob die Regeln korrekt angewandt wurden und der Soldat insofern zu Recht bestraft wurde.
2025-06-16T15:45:05Z